Arbeitssicherheit: Was muss man zum Normwechsel auf ISO 45001:2018 beachten?

In vielen Unternehmen nimmt das Thema Arbeitssicherheit immer grösseren Platz ein. Das Ziel, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesund am Arbeitsplatz erscheinen und diesen auch gesund wieder verlassen können, hat höchste Priorität. Fitte Mitarbeitende sind und bleiben die wichtigste Unternehmensressource.

Nicht wenige Unternehmen haben deshalb dem Thema Arbeitssicherheit ein höheres Gewicht gegeben, indem sie sich zertifizieren liessen. In der Vergangenheit war das gängiger Weise nach dem britischen Standard OHSAS 18001 der Fall. Nun steht aber im Bereich der Arbeitssicherheit eine Normänderung an. Die OHSAS 18001 wird zur ISO-Norm. Zertifiziert wird neu die ISO 45001:2018. Deren Übergangsfrist läuft bis 2021. Was muss man für die Zertifizierung beachten? Was sind die wichtigen Änderungen dieser Normrevision?

Generelle Änderungen

Wechsel auf ISO von British Standard

Mit einer Verbreitung in mehr als 80 Ländern der Welt war OHSAS 18001 einer der bekanntesten und bedeutsamsten Standards für ein Arbeitsschutzmanagementsystem. OHSAS steht für Occupational Health and Safety Assessment Series und bot eine Systematik, um die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz zu erhöhen. Punkto Struktur lehnte sich die Norm an die ISO 9001 und an die ISO 14001 an.

Im Gegensatz zu den genannten ISO-Normen war die OHSAS aber kein internationaler Standard, sondern eine britische Norm der British Standards Institution. Die wurde nun mit der Erarbeitung der ISO 45001 geändert, welche im März 2018 erschienen ist und die OHSAS 18001 ersetzt.

Die British Standard Institution hat angekündigt den bisherigen Standard OHSAS 18001 bis im Jahr 2021 zurückzuziehen. Das heisst, nächstes Jahr läuft die Übergansfrist ab und es wird nur noch nach dem Standard ISO 45001 zertifiziert.

Anpassung auf die High Level Struktur

Das Schöne an der Neuerung ist, dass es sich der Struktur den bereits überarbeiteten Normen ISO 9001 und 14001 anpasst. Die ISO 45001 übernimmt die High Level Struktur der anderen Normen und kann so optimal in bestehende Managementsysteme integriert werden.

Ebenso zielt sie auf Durchgängigkeit und kontinuierliche Verbesserung. Mit ihrer Struktur folgt sie der PDCA-Logik und deckt alle wichtigen Themen des Managementsystem ab. So stellt sie die Einbindung in den täglichen Betrieb sicher.

Abb: HLS-Landkarte am Beispiel von TüvSüd
Abb: HLS-Landkarte am Beispiel von TüvSüd

Die sechs wichtigsten normspezifischen Änderungen, die sie kennen müssen

Neben den generellen Änderungen gibt es auch diverse inhaltliche Änderungen in der ISO 45001. Zum Teil werden die Schwerpunkte anders gewichtet, zum Teil sind aber auch neue Themen dazugekommen. Die wichtigsten sechs Änderungen, welche sie bei einer Umstellung beachten müssen, stellen wir Ihnen vor.

1) Managementverantwortung

«Die oberste Leitung muss in Bezug auf das SGA-Managementsystem (Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz) Führung und Verpflichtung zeigen», heisst es zu Beginn im Kapitel «Führung und Verpflichtung». Dieser Grundton zieht sich durch die ganze Norm durch. Die Verantwortung des Managements bzw. «der obersten Leitung» wird immer wieder explizit hervorgehoben.

Man muss erkennen können, dass die Themen von der Unternehmensleitung getrieben werden und dass sie als Teil der Unternehmensstrategie mit der notwendigen Konsequenz umgesetzt werden. Allgemein ergibt sich ein höherer Anspruch an das Management hinsichtlich Verantwortung und Engagement bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

2) Beteiligung der Beschäftigten

Doch nicht nur die Unternehmensleitung steht vermehrt in der Pflicht. Die Beteiligung aller Beschäftigten ist das Ziel. «Motivation und Einbindung der Mitarbeitenden durch Mitsprache und Beteiligung», ist ein durch die Norm verfolgter Fokus.

Das verpflichtet zum einen die Leitung, die Belegschaft zu involvieren und sie in die Lösungen miteinzubeziehen. Zum anderen wird von allen Beteiligten Mitarbeit erwartet. Ziel ist es, ein erhöhtes Bewusstsein der Beschäftigten hinsichtlich der Arbeitssicherheit und der Arbeitsschutzziele des Unternehmens zu schaffen. Die daraus resultierende Eigenverantwortung beim Vermeiden von gefährlichen Situationen und Gefährdungen stellt hohe Anforderungen an die Schulung der Mitarbeitenden hinsichtlich ihrer Verantwortung.

3) Kontext der Organisation

Dieses Thema kennt man bereits aus den überarbeiteten Normen ISO 9001 und 14001. Die Erarbeitung des Kontexts der Organisation mit den Interessierten Parteien ist Pflicht. Wir kennen dadurch die Anforderungen der interessierten Parteien und können so Chancen und Risiken ableiten.

Im Sinne eines integrierten Managementsystems macht es Sinn, die eventuell bereits vorhandenen internen und externen Analysen zu nutzen und die Anforderungen aus dem Arbeitsschutzmanagementsystem zu ergänzen. Auch diese Norm fordert sie als Unternehmen heraus, bei der Kontextbetrachtung nebst ihren Risiken auch ihre Chancen regelmässig zu prüfen.

4) Vorgehen bei der Gefahrenbeseitigung

Beim Vorgehen der Gefahrenbeseitigung fordert die Norm einen systematischen Ansatz, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz zu verbessern. Zu Grunde liegt der Ansatz der «Hierarchy of Controls» (siehe Abb), welcher mögliche Massnahmen nach ihrer Wirksamkeit ordnet. Diese nimmt in der Grafik in der Hierarchie nach unten ab. Deshalb sollten sie immer die höchstmögliche Priorität der Massnahmen in der Hierarchie wählen. Natürlich ist es auch möglich, Massnahmen aus verschiedenen Ebenen zu kombinieren. Das Ziel ist immer das Risiko auf ein so niedriges Niveau wie möglich zu verringern.

Abb: Hierarchy of Cotrols nach NIOSH (National Institute for Occupational Safety and Health)
Abb: Hierarchy of Cotrols nach NIOSH (National Institute for Occupational Safety and Health)

5) Veränderungen steuern

Wenn im Unternehmen Veränderungen geplant sind, welche Einfluss auf den Arbeitsprozess, die Produkte oder die Dienstleistungen haben, müssen diese im Sinne vom Arbeitsschutz gesteuert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Veränderung dauerhaft oder vorübergehend ist.

Deshalb müssen geplante Veränderungen vorgängig darauf geprüft und beurteilt werden, ob sie zu veränderten Risiken und Chancen in der Arbeitsorganisation führen. Gegebenenfalls sind diese neuen Gefährdungen zu beseitigen.

6) Verantwortung bei Ausgliederung, Beschaffung und Auftragnehmer

In Bezug auf den Geltungsbereich des Arbeitsschutzmanagements, erweitert die ISO 45001 den Verantwortungsbereich. Es reicht nicht mehr, nur den eigenen Betrieb und die eigenen Mitarbeiter im Fokus zu haben. Das Unternehmen soll ihre Verantwortung auch bei Ausgliederung, Beschaffung und für Auftragnehmer wahrnehmen.

Wenn Produkte und Dienstleistungen eingekauft werden ist sicherzustellen, dass diese mit dem bestehenden Arbeitsschutz konform sind. Auch wenn Auftragnehmer Teil der Wertkette werden (Beispiel: ein Mechaniker des Maschinenherstellers kommt zur Reparatur), hat das Unternehmen ihre Verantwortung wahrzunehmen. Das gleiche gilt für ausgelagerte Prozesse (z.B Veredelung der Produkte bei einem externen Dienstleiter). Auch diese Prozesse müssen im Sinne des Arbeitsschutzes geprüft werden.

Fazit

Wenn man die Punkte nüchtern betrachtet stellt man fest, dass die meisten Punkte auf den Punkt “1) Managementverantwortung” zurücklaufen. Es ist klar, dass all diese Schwerpunkte nur zu erreichen sind, wenn sie Teil der täglichen Prozesse sind. Nur wenn die Unternehmensleitung, Führungspersonen und auch die Mitarbeiter ihre Führungs- und Selbstverantwortung verstanden haben, können diese Schritte erfolgreich umgesetzt werden.

Wie geht die SUVA mit der Normänderung um?

Die Suva geht das Thema aktiv an. Zusammen mit der EKAS (Eidgenössische Koordinationsstelle für Arbeitssicherheit) und den Behörden wird die Änderung aufgegriffen und ihre Auswirkungen überprüft. Dabei liegt der Fokus unter anderem auf den Einflüssen der Norm auf die bestehenden Strukturen der Arbeitssicherheit (ASA 10-Punkte Systematik) und den entsprechenden Hilfsmitteln gerichtet. Es werden Hilfsmittel wie bspw. die Korrelationsmatrix zur Verfügung gestellt. Die Suva sieht in der ISO 45001:2018 eine Chance, denn mit ihr wird der Stellenwert der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes aktiv unterstützt und die Verantwortung und das Bewusstsein für dieses Thema gestärkt.

Wie setze ich die Normänderung konkret um?

Als erstes muss ich mir einen Überblick verschaffen: Wo erfülle ich die neuen Normanforderungen bereits und wo besteht noch Handlungsbedarf? Hier bietet es sich an, ein Systemaudit durchzuführen. Dieses wird entweder als komplettes Audit oder in Form einer GAP-Analyse, fokussiert auf die Normänderungen, durchgeführt. Aus den gefundenen Schwachstellen oder Abweichungen lässt sich dann ein entsprechender Massnahmenplan ableiten.

Hier stellt sich nun die Frage, ob man als Unternehmen diese GAP-Analyse selber durchführt oder ob man sich Hilfe von aussen besorgt. Aus meiner persönlichen Erfahrung lohnt es sich bei Normänderungen, den Aussenblick in das Unternehmen zu holen. Der Mehrwert dabei ist, dass man nicht nur die Abweichungen findet, sondern immer auch noch wertvolle Inputs dazu kommen, wie man sich und sein Managementsystem noch verbessern kann.

Eine gute Möglichkeit ist das Einbinden des Zertifizierers. Die meisten bieten die Dienstleistung der GAP-Analyse an, welche man im Vorfeld einer Zertifizierung durchführen kann. Aber es gibt natürlich auch andere Dienstleister, welche Unterstützung anbieten. Gerne hilft ihnen auch die IOZ AG weiter und begleitet sie zur erfolgreichen Zertifizierung.

Zusammenfassung

Die Umstellung der Norm auf ISO 45001 ist eine überaus sinnvolle Normänderung, weil sie die mit ISO 9001 und 14001 begonnene Harmonisierung konsequent weiterführt. So lassen sich Managementsysteme noch einfacher integrieren. Die inhaltlichen Änderungen sind sinnvoll und praxisorientiert. Sie haben einen starken Fokus auf Führungsverantwortung und die Beteilung aller Mitarbeiter am Arbeitsschutzmanagementsystem. Wichtig ist, dass man sich einen guten Überblick über die eigenen Schwachstellen verschafft (GAP-Analyse) und früh genug die entsprechenden Gegenmassnahmen einleitet. So steht einer erfolgreichen Zertifizierung nichts mehr im Weg.

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Geschrieben von

Philippe Fries

Projektleiter

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1 Kommentar zu „Arbeitssicherheit: Was muss man zum Normwechsel auf ISO 45001:2018 beachten?“

  1. Hallo Philippe Fries, bei meiner Vorbereitung zum nächsten Überwachungsaudit bin ich auf deinen Beitrag gestoßen. Wäre ich wohl früher auf deiner Website gelandet, hätte ich als Neuling auf dem Gebiet QMS weniger Schwierigkeiten gehabt. Neben dem Faktor, dass die Anforderungen schwer zu verstehen sind, ergibt sich in meiner Branche eine größere Herausforderung. In der Reinigungsbranche haben nämlich die meisten Reinigungskräfte Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Deshalb dachte ich, alles zu visualisieren, um den Inhalt leichter zu vermitteln. Deshalb verwende ich einfach Bilder, damit meine Damen alles verstehen. So mindere ich das Unfallsrisiko, welches in der Reinigungsbranche sehr hoch ist. Alles Schulungsunterlagen stelle ich nun bei mir auf der Homepage in einem QM-Ordner rein. So haben alle Raumpflegerinnen sofortigen Zugang. Da weil zwar noch in der Umwelterklärung unter https://www.manika.wien/arztpraxis/qm-qualitaetsmanagement ersichtlich, aber in den kommenden Tagen, stelle ich das gesamte Bildmaterial, welches am Wochenende aufgenommen wurde online. Kostenlos können es sich auch deine Leser gerne runterladen. Das Fotoshooting zeigt A/B Vergleiche, was erlaubt und nicht erlaubt ist. Vieles der 45001 Anforderungen ist da ersichtlich und auf mehreren Sprachen. Liebe aus Grüße aus Wien.

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